Mitglieder-Pressemitteilung
Uneingeschränkte Verfügbarkeit und Tauschmittelfähigkeit über unser Geld schaffen Sicherheit und persönliche Freiheit. Doch welche Bezahlmethode erweist sich in Krisenzeiten am robustesten? Eine Reflexion über den Wert von Bargeld in einer freien Gesellschaft.
Von Jochen Werne, Mitglied der Geschäftsleitung, Chief Development & Chief Visionary Officer (CDO/CVO) der Prosegur Cash Services Germany GmbH
Unser Leben wird in diesen Tagen spürbar beeinflusst von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Diese Krise, die uns global so hart trifft, dass wir selbst bereit sind, unsere in der Verfassung garantierten Freiheitsrechte einzuschränken, offenbart jedoch auch, was uns Sicherheit gibt und auf was wir bauen, um eine Krise zu überwinden und unsere Freiheit wieder zu erlangen.
Wir leben in einer Welt exponentieller Technologiesprünge – und der technologische Fortschritt hat traditionell immer dazu geführt, dass der Lebensstandard global gewachsen ist. Die Weltgemeinschaft kann mit Recht stolz auf ihre Leistung sein, dass sie es in den letzten 30 Jahren dank globalem Wirtschaftsverkehr geschafft hat, den Anteil der Menschen, die in absoluter Armut leben müssen, von 35 auf acht Prozent zu senken. Wie nachhaltig die erreichten Ziele jedoch sind, zeigt sich letztlich in Krisenzeiten. Hier wird von Führungskräften aus Politik und Unternehmen umsichtiges aber entschlossenes Handeln verlangt. Erworbenes Vertrauen in Menschen und Instrumente sind das höchste Gut in Zeiten der Unsicherheit.
Bargeld: immer verfügbar
Dies gilt auch beim Bezahlen. Während sich die über Jahrzehnte unabhängige gute Arbeit vieler Notenbanken – wie der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank oder der US-Notenbank Fed – in der Krise bemerkbar macht und die Bürger auf die Stabilität von Euro und US-Dollar bauen, zeigt sich auch Bargeld als Vertrauensanker in unsicheren Zeiten. Mit zunehmender Besorgnis wegen des Coronavirus ist beispielsweise in den USA auch die Menge des in Umlauf befindlichen physischen Bargelds gestiegen. In der Woche bis zum 25. März hat sich dieses um 1,8 Prozent auf 1,86 Billionen Dollar in absoluten Zahlen erhöht. Das macht den größten wöchentlichen Anstieg seit Dezember 1999 aus. Damals war die Angst vor dem sogenannten Millenium Bug der Auslöser für den Anstieg. Wie wir heute wissen, ist der technologische Meltdown ausgeblieben. Heute, immerhin 20 Jahre später, ist uns bewusster denn je, dass Technologie anfällig und in der Krise der Wert der Sicherheit immer das höchste Gut ist. Der Anstieg der Nachfrage nach Bargeld auch in Deutschland zu Beginn der Corona-Krise ist wohl diesem rechtmäßigen Sicherheitsbedürfnis der Bürger und ihrem großen Vertrauen in Bargeld zuzuschreiben. Laut der Bundesbank lag das Volumen allein am Montag, den 16. März - dem ersten Tag der Schließungen von Schulen und Kitas - um 0,7 Milliarden Euro über dem Durchschnitt.
Elektronische Zahlmethoden, die in so vielen Bereichen wie beispielsweise dem Online-Handel unerlässlich sind, riskieren aufgrund technischer Pannen immer wieder Vertrauensverluste. Einer der letzten dieser Zwischenfälle ereignete sich ausgerechnet im Vorweihnachtsgeschäft am 23. Dezember 2019, als EC-Kartenzahlungen an vielen Terminals nicht mehr akzeptiert worden sind. Es ist ein wenig wie der römische Dichter Ovid schrieb: „Vertrauen stellt sich bei Fragen großer Bedeutung nur langsam ein.“ Mit Sicherheit hat unser Erspartes – also die Frucht unserer Arbeit – diese große Bedeutung für uns. Aus diesem Grund ist die Verfügbarkeit über unser Geld so wichtig. Würde diese Verfügbarkeit eingeschränkt werden, würde sich also das Gefühl einstellen, dass wir nicht mehr an unser Geld kommen, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit ein bank-run die Folge.
Nicht ohne Grund ist in Paragraf 7 der KRITIS-Verordnung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) (BSI-KritisV) der Bereich „Bargeldversorgung“ ausdrücklich als „kritische Dienstleistung“ aufgeführt. Also als eine „Dienstleistung zur Versorgung der Allgemeinheit [...}, deren Ausfall oder Beeinträchtigung zu erheblichen Versorgungsengpässen oder zu Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit führen würde.“
Sicherheit in unsicheren Zeiten
In der aktuellen Krise beherrscht Angst um die Gesundheit und Angst vor den wirtschaftlichen Folgen der Krise unser tägliches Leben. Während Furcht klar auf eine äußere Gefahr hin ausgerichtet ist, gilt Angst als unbestimmt. Wie im sogenannten Handbüchlein der stoischen Moral festgehalten, formulierte der griechische Stoiker und Philosoph Epiktet den folgenden Satz: „Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern was wir über die Dinge denken.”
Somit war es auch absolut folgerichtig, dass in der Corona-Krise die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Europäische Zentralbank, aber auch die Bundesbank und das Robert Koch-Institut immer wieder betonen, dass es keinen dokumentierten Fall gebe, der auf eine erhöhte Virengefährdung durch Bargeld im Gegensatz zu Kartenzahlungen hinweisen würde. Sie verweisen hierbei auf entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen und unterstreichen immer wieder, dass Informationen über eine solche Gefahr nicht dokumentiert sind.
Grundgesetzlich verankerte Freiheit
John Stuart Mill, einer der erfolgreichsten liberalen Denker des 19. Jahrhunderts, definierte Freiheit als den „erste[n] und stärkste[n] Wunsch der menschlichen Natur“. Alles staatliche und gesellschaftliche Handeln sollte dementsprechend darauf ausgerichtet sein, dem Individuum eine freie Entwicklung zu gewähren. Dabei sollte seine Freiheit, wie Mill es in einem als „Freiheitsprinzip“ bekannten Grundsatz formuliert hat, unter einer Bedingung beschränkt werden können: Um sich selbst oder eine andere Person zu schützen. Jetzt, in dieser schweren Krise, verzichtet jeder Bürger auf Teile seiner freiheitlichen, ihm verfassungsmäßig zustehenden Grundrechte. Dieser massive Eingriff lässt sich in Zeiten von Corona sicherlich mit Mills These vereinbaren. In seiner Prosa-Arbeit Aufzeichnungen aus einem Totenhaus beschreibt Fjodor Michailowitsch Dostojewski seine eigenen Erfahrungen in sibirischer Gefangenschaft und formuliert den später viel zitierten Satz: „Geld ist geprägte Freiheit“, womit er die lebensnotwendige Relevanz eines freiheitlichen Austauschs von Waren in einem unfreien Umfeld beschreibt – und zwar durch geprägtes bares Geld.
Zwar auf eine andere Weise als Dostojewski, doch so leben auch wir in einer Zeit des extremen Umbruchs: auf sozialer, wirtschaftlicher und politischer Ebene. Wir leben in einem Zeitalter, in dem sich aufgrund exponentieller Technologieentwicklungen ganze Branchen und Geschäftsmodelle radikal verändern und Länder um die Vorherrschaft in Themenfeldern wie der Künstlichen Intelligenz (KI) wetteifern. Es ist eine Zeit, in der Transformation die neue Normalität ist und eine agile Firmenkultur einen Schlüssel zum Erfolg darstellen muss. In diesen Zeiten gilt für viele traditionelle Branchen: „Alles was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert werden.“
Und somit stellt sich hier ebenfalls unweigerlich die Frage, ob dies auch für die erste „Instant Payment“-Lösung, eine der frühesten und nachhaltigsten Errungenschaften der Zivilisation, gilt – für unser Bargeld?
Die heutige Freiheit unserer Bezahlmöglichkeiten ist sicherlich gut, solange uns als Konsumenten die Entscheidung freisteht, aus welchen Zahlungsmitteln wir frei wählen können, ganz der jeweiligen Situation entsprechend. Diskussionen über eine mögliche Einschränkung der Bürger in ihrer Wahlfreiheit ruft regelmäßig Intellektuelle auf, mahnend Stellung zu beziehen. Der Dichter Hans Magnus Enzensberger beispielsweise vertritt zum Thema „Einschränkung“ die Meinung: „Wer das Bargeld abschafft, schafft die Freiheit ab.“ Dieser Meinung schließt sich gleichfalls Carl-Ludwig Thiele an, ehemaliges Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank: „Abolishing cash would hurt consumer sovereignty — the free choice of citizens about their payment instruments […] Government agencies do not have the right to tell citizens how they should pay.”
Technologische Anfälligkeit, Fall-back Option und Datenschutz
Besonders in Extremszenarien wie Katastrophen, Ausfällen einer digitalen Infrastruktur durch Cyberattacken, Naturereignissen oder durch schlichtes technisches Versagen wird deutlich, wie sich Bargeld aus der Natur der Sache heraus als aktuell robusteste Bezahlmethode erweist. Dass beispielsweise das Zahlungslimit bei kontaktlosem Bezahlen, etwa im Supermarkt, kurzerhand erhöht worden ist, klingt auf den ersten Blick unverfänglich. Doch folglich kann jeder mit einer Karte – und das muss nicht die eigene sein – auch höherpreisige Waren ohne weitere Sicherheitsprüfung, zum Beispiel durch PIN-Eingabe, bezahlen. Mögliche Folgen einer solchen Bezahlart muss jeder kritisch für sich beleuchten und hinterfragen.
Ebenfalls nicht außer Acht zu lassen: der Datenschutz. Mehr bargeldlose Zahlungen bedeuten auch mehr persönliche Informationen, die jeder von sich preisgibt. Daten, die zahlreiche Unternehmen kommerziell nutzen. Spätestens seit Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) ist die Sensibilität der europäischen Bevölkerung in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre sukzessive gestiegen.
Klaus Müller, Deutschlands oberster Verbraucherschützer und Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), bezeichnet Bargeld als „gelebten Datenschutz“. Wer mit Bargeld zahlt, hinterlässt keine Spuren zur Erstellung eines Verbraucherprofils, Einkaufs- und Zahlverhalten können nicht manipuliert werden. Darüber hinaus trägt Bargeld dazu bei, die finanzielle Privatsphäre zu wahren. Das betonte Udo Di Fabio, zwölf Jahre lang Richter des Bundesverfassungsgerichts, beim Bargeldsymposium 2018 der Deutschen Bundesbank. Er erläuterte sinngemäß, dass jeder Bürger frei über sein Geld verfügen könne. Bei einer vollständig digitalisierten Vermögensverwaltung sieht er diese Freiheit eingeschränkt.
Smartes Cash Management entlastet Banken
Krisen wie die aktuelle Corona-Pandemie fördern immer neue Ansätze zu Tage und wirken sich als Beschleuniger bereits in Gang gesetzter Transformationsprozesse aus. In Hinblick auf für Bargeld relevante Branchen befindet sich die Bankenwelt schon seit geraumer Zeit in einem Transformationsprozess. Ein Unternehmen wie Prosegur, das mit seinen über 4.500 Mitarbeitern und 31 Niederlassungen Marktführer im Geld- und Werttransport in Deutschland ist, wird immer mehr zum vollständigen Payment-Plattform-Provider. Verschiedene Kreditinstitute gehen aus Synergie- und Kostenersparnisgründen bereits den Weg eines vollständigen Outsourcings ihres Cash Managements. Bargeldprozesse werden hierbei nicht nur wesentlich schlanker, sondern auch kostengünstiger. Dies gilt nicht nur für Banken, sondern auch für Handelskunden. Mit Smart Machines, die Prosegur bei seinen Kunden installiert, kann Bargeld direkt entsorgt und taggleich dem Kundenkonto gutgeschrieben werden. Die smarte Infrastruktur, inklusive eines dynamischen Monitorings und Forecastings, optimiert die Logistik und reduziert Kosten in der Bargeldlogistik. Dies ist der nächste Schritt zu einem effizienten, digitalen und integrierten Bargeldmanagement.
Geprägte Freiheit 2.0 und die Gerechtfertigung des Bargeldes
Mit Blick auf den technologischen Fortschritt und den damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel zeigt sich, dass maßgebliche Werte aus Sicht der Menschen dennoch ihre Gültigkeit behalten. Auf Basis einer intellektuellen, ernsthaften Diskussionen wird die Aktualität der Thesen beispielsweise Dostojewskis mit seinen Erfahrungen in einer unfreien Gesellschaft deutlich: Die Diskussion zu Freiheitsrechten der Bürger steht immer auch in einem festen Bezug zu seinem freien Umgang mit Bargeld, zu seiner Wahlmöglichkeit Zahlungsmittel betreffend.
Es zeichnet unsere offene und freiheitliche Gesellschaft aus, dass wir die Diskussion um „Geprägte Freiheit 2.0“ auf diesem Niveau führen und mit Sicherheit weiterführen werden.
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